Sand. Es waren einfache Leute, Korbmacher wie der erste Vorsitzende Anton Gadumer, die vor 100 Jahren sich zusammenfanden und einen Ortsverein der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands gründeten. Es waren Sozialdemokraten, die nach dem Zusammenbruch des Kaiserreiches und dem Abwirtschaften der konservativen und nationalistischen Kräfte in der Gesellschaft gleiche Rechte für alle Bürger erstritten, die uns heute selbstverständlich sind.
An diese Leistung der Gründerväter vor 100 Jahren erinnerte der SPD-Ortsverein Sand in einem Festabend in der Hümmer-Scheune. Der unterfränkische SPD-Bezirksvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Bernd Rützel (Gemünden), Bezirksrat und Bürgermeister Bernhard Ruß, Ortsvereinsvorsitzender Paul Hümmer sowie Winfried Schütz, der Sohn des langjährigen Gemeinderates Willi Schütz mit einem Bildervortrag, beleuchteten die Verdienste sozialdemokratischer Politiker auf den verschiedenen politischen Ebenen. Über die hundert Jahre des Bestehens der SPD in Sand waren es verschiedene Bürgerschichten die dem Ortsverein prägten. In den Gründerjahren vor und nach dem 1.Weltkreig waren es die Korbmacher und Handwerkergesellen um den Gründungsvorsitzenden Anton Gadumer. Nach der Nazi-Diktatur und dem 2.Weltkrieg waren es die Kriegsflüchtlinge, um Curd Berger, dem ersten SPD Gemeinderat zu Beginn der 1950er Jahre. Danach prägten über lange Jahre die Industriearbeiter wie Edmund Schnellbächer und Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, wie der „Postbot“ Hans Seufert den Ortsverein. Im Gemeinderat legten Männer wie Theo Burger und Gustav Mantel die heutige Grundlage für die Sander Entwicklung.
Bernd Rützel spannte in seiner Festrede den Bogen von der Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins und der Gründung von Arbeiterbildungsvereinen hin zur Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Es seinen nationalistische und reaktionäre Kräfte gewesen, die Deutschland zweimal in den Abgrund gestürzt hätten und es seien Sozialdemokraten gewesen, die am Wiederaufbau maßgeblich beteiligt gewesen. Dabei nannte der namentlich Kurt Eisner, der 1919 den Freistaat Bayern ausgerufen habe, mit dem die Herrschaft der Wittelsbacher beendet wurde. Wilhelm Högner, der Vater der bayerischen Verfassung nach dem 2. Weltkrieg sei ebenfalls Sozialdemokrat gewesen. Unvergessen, so Rützel, sei das Verhalten mutiger Sozialdemokraten 1933 im Reichstag gewesen, die als einzige Partei gegen das Ermächtigungsgesetz Hitlers gestimmt hätten. Er zitierte den legendären Ausspruch des damaligen Fraktionsvorsitzenden Otto Wels: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.“ Gerade angesichts undemokratischer, nationalistischer und rassistischer Tendenzen in der heutigen Zeit komme es darauf an, zu unseren Werten zu stehen und den Kräften, die schon zweimal unsägliches Leid über Deutschland gebracht hätten, nicht das Feld zu überlassen. Rützel: „Demokratie erfordert Mut und aktives Handeln aller Menschen, die unsere demokratischen Errungenschaften erhalten wollen.
In einem unterhaltsamen und informativen Rückblick in Bildern beleuchtete Winfried Schütz die Geschichte der Sozialdemokratie in Sand. Während von der ersten Phase nur wenige Dokumente vorhanden sind, ist das Material nach der Wiedergründung im Jahre 1963 ergiebiger. Hans Seufert, der von Zeil nach Sand geheiratet hatte, ließ die SPD in Sand wiederaufleben. Hans Seufert war auch der erste SPD-ler, der nach der Wiederbelebung des Ortsvereins im Jahr 1963 in den Sander Gemeinderat einzog. Ihm folgten später Theo Burger und Gustav Mantel. Eine neue Ära begann mit der Wahl von Bernhard Ruß 1993 zum Bürgermeister der Gemeinde Sand. Die SPD hatte mit der SPD-Sander Bürgerliste ihren Anteil an Sitzen von drei auf sechs verdoppelt. Habe es zunächst noch heftige Diskussionen im Gemeinderat und in der Öffentlichkeit gegen, so habe sich die Situation in Sand beruhigt. Die Gemeinde Sand, ihr Bürgermeister, Kreis- und Bezirksrat Bernhard Ruß sowie Kreisrat Paul Hümmer genössen über die Gemeindegrenzen hinaus Respekt und Anerkennung.
Ortsvereinsvorsitzender Paul Hümmer freute sich darüber, dass von der Wieder-Gründungsversammlung 1963 zwei Teilnehmer von damals bei der Feier anwesend waren: Alfons Beuerlein und Winfried Burger. Sie hätten mit dazu beigetragen und die Grundsteine mitgelegt, dass der Ortsverein einer der vitalsten und aktivsten im Landkreis sei.
Zusammen mit Eduard Hüller konnte Paul Hümmer drei Mitglieder begrüßen die vor über 50 Jahren in die SPD eingetreten sind, als es die CSU in Sand überhaupt noch nicht gab. Neben Ihnen konnten er und SPD-Bezirksvorsitzender Bernd Rützel weitere verdiente Mitglieder für über vierjahrzehnte Treue zur Sozialdemokratie auszeichnen: Marga Trautsch (48), Paul Hermann (47), Paul Hümmer (45), Günther Österling (43), Gertrud Strätz (43), Ulrike Hümmer (42), Alfred Walter (41), Bernhard Ruß (41).
Vorsitzender Paul Hümmer stellte mit Blick auf die Lebenswege der Geehrten heraus, ohne das Engagement dieses Personenkreises hätte dem hiesigen Vereinsleben etwas gefehlt. Wir sind Stolz darauf, wie ihr Euch in das Gemeinwesen eingebracht habt und das Gemeinwohl nie aus dem Blick verloren habt.
Bürgermeister Bernhard Ruß überbrachte die Grüße und Glückwünsche der Gemeinde. Politik lebe vom Wettstreit der Ideen und Vorstellungen, wie man das Leben der Menschen immer ein Stück besser machen könne. Im Hinblick auf die Unterstützung junge Familien habe sich die Sander SPD immer sehr aufgeschlossen gezeigt. Deshalb habe Sand frühzeitig Angebote bei der Kinderbetreuung (Krippe, offene und gebundene Ganztagsschule) machen können. Auch das große Angebot an neuen Sportstätten trage dazu bei, dass Sand eine attraktive Gemeinde sei.
Foto: Heike Scheuring
Geselliges und geschichtsträchtiges im Rahmen eines Federweißenabends gab es bei der Sander Sozialdemokratie beim Festabend „100 Jahre Sozialdemokratie Sand am Main“ in der vollbesetzen Hümmer-Scheuern. Der SPD Bezirksvorsitzende von Unterfranken MdB Bernd Rützel (links) konnte zusammen mit dem Vertreter des SPD Kreisverbandes Haßberge Wolfgang Brühl (2. von rechts) für über vierjahrzehnte Mitgliedschaft von links nach rechts folgende Mitglieder auszeichnen und einen echten Sander Weidenkorb samt Sander Rotwein überreichen: Gertrud Strätz, Alfred Walter, Eduard Hüller, Winfried Burger, Ulrike Hümmer, Bernhard Ruß, Alfons Beuerlein und Paul Hümmer.
100 Jahre SPD OV-Sand (PDF, 9,12 MB)
Meilensteine der SPD in Sand 2019 (PDF, 414 kB)