Das „Raaser“-Denkmal – eine Zierde für Sand

30. Juni 2014

Raaser

Die von Theo Steinbrenner geschaffene Bronzefigur ist ein echtes Kunstwerk Mit der Mariensäule, dem vom Karl Wendel gestifteten Eisenguß-Gemeindewappen und dem „Träubeles“-Brunnen war der neugestaltete Sander Dorfplatz bisher schon reich bestückt. Mit dem am Sonntag enthüllten „Raaser“-Denkmal haben die Sander nun ein weiteres Schmuckstück und Zierde in ihrer guten Stube. Mit dem neuen wunderbaren Kunstwerk soll an die lange Tradition des in Sand ansässigen Korbflechtens und Korbhandels erinnert werden.

Bilder unten

Bis in die 50er und 60er Jahre hinein wurde in Sand in fast jedem Haus der „Korbmacherei“ nachgegangen. Die selbstproduzierten Körbe und Korbwaren wurden von Familienmitgliedern auf der Handlungsreisen, eben der „Korbraas“, in ganz Deutschland bei Haustürgeschäften an die Frau bzw. an den Mann gebracht. Um an diese langjährige Tradition zu erinnern, hatte Korbmachermeister Stefan Rippstein die Idee, den Sandern Korbmachern und Korb-“Raasern“ ein Denkmal zu widmen.

Nachdem er zuvor schon von den Korbmachern und Korbhändlern Unterstützung für sein Vorhaben signalisiert bekam, bat er im Frühjahr dieses Jahres auch den Gemeinderat um Mithilfe. Diese wurde spontan zugesagt, nachdem der Künstler Theo Steinbrenner (Schwarzach) in der Gemeinderatssitzung das Modell einer „Korbraaser“-Statue vorgestellt hatte. Am Sonntag wurde nun das neugeschaffene „Raaser“-Denkmal während einer Feierstunde auf dem Dorfplatz enthüllt und von den Pfarrern Michael Ehrhart und Hans-Christian gesegnet.

War die Sander Bevölkerung zuvor aufgrund der Ausführung eines anderen Kunstwerkes doch etwas skeptisch, so fand das von Theo Steinbrenner bis ins kleinste Detail herausgearbeitete „Raaser“-Denkmal doch allgemeine Zustimmung und höchste Anerkennung. Arthur Rottmann, der das Korbmacherhandwerk von der Pike auf erlernt hat, stellte mit Bewunderung fest: „Da sieht man ja jeden Schlag“. Gemeint ist damit, dass bei den Körben jede einzelne Weidenrutenreihe exakt aufeinander liegt und zu sehen ist.

Die fast in Lebensgröße geschaffene Bronzestatue zeigt einen mit Körben und Korbwaren vollgepackten Sander „Raaser“, wie er früher vom Schwarzwald bis zum Nordseestrand auf der „Korbraas“ anzutreffen war. Der freischaffende Künstler Theo Steinbrenner (Schwarzach) erläuterte bei der Enthüllung des etwa fünf Zentner schweren Denkmals die einzelnen Schritte und den Werdegang von der Planung des „Raaser“-Denkmals bis zu seinem Guss und seiner Einweihung. Mit sichtlichem Stolz stellte er fest: „Das Werk ist gelungen. Es präsentiert sich in seiner ganzen Schönheit“. Dem kann man nur zustimmen.

Die zahlreiche Teilnahme der Bevölkerung an der Enthüllung und Segnung des „Raaser“-Denkmals kommentierte Bürgermeister Bernhard Ruß mit den Worten: „Alle Sander sind elektrisiert zu wissen, wie das neue Kunstwerk auf dem Dorfplatz aussehen wird“. Desweiteren ging Ruß auf die Korbmacherei in Sand ein, die fast zwei Jahrhunderte in fast jedem Haus in Sand betrieben wurde und vielen Familien ein gutes Einkommen sicherte. Aus dieser Zeit stamme auch der Sander Spruch: „Gald it doa“ (Geld ist da).

Bürgermeister Ruß verwies auch auf einen Bericht aus einer Amtsmitteilung über das Korbmacherdorf Sand Mitte des 19. Jahrhunderts. Da heißt es: „Das Korbmacherhandwerk bringt den Sander Bewohnern einen gewissen Wohlstand. Die Einwohnerschaft besteht aus Bauern, an der Zahl 55, die ihr Feld trefflichst bewirtschaften und aus Korbflechtern, an der Zahl 100. Die Korbflechterei ist ein Erwerbszweig, der das Dorf Sand gegenwärtig zum wohlhabendsten des ganzen Landgerichtsbezirkes macht. Es herrscht hier das regste Leben. Der Korbhandel geht bis nach Amerika. Ein Teil der Sander geht mit den Körben auf Reisen in Bayern, Sachsen , nach Baden und Württemberg, mainauf und mainab. Die Bewohner von Sand kommen so viel in der Welt herum und daher besitzen sie auch Anstand und äußeren Schliff“. Daran, so Bürgermeister Ruß mit einen amüsanten Lächeln, hat sich bis heute nichts geändert.

Noch vor der Enthüllung des „Raaser“-Denkmals spielten Rudi Ruppstein, ein eigefleischter Sander Korbhändler, sowie Karin und Ralf Wagner eine Szene nach, wie früher die Haustürgeschäfte der „Korbraser“ abliefen. Die Enthüllung der Bronzestatue nahm dann die Sander Weidenprinzessin Anna Rippstein zusammen mit der Enkelin des Künstlers Theo Steinbrenner vor. Pfarrer Michael Erhart und Pfarrer Hans-Christian Neiber erbaten anschließend den Segen für das Kunstwerk.

Die Einweihungsfeier des „Raaser“-Denkmals wurde musikalisch umrahmt vom Senioren-Blasorchester Sand, das anschließend auch die vielen Besucher auf dem Dorfplatz musikalisch unterhielten. Eine Uraufführung hatte der Männerchor des Gesangvereins 1900 mit dem von Gosbert Krines mit gedichteten und von Harald Kalamala (Oberbreit) komponierten Lied „Es waren die Raaser aus Sand, sie zogen von Haus zu Haus durchs Land. Vom Schwarzwald bis zum Nordseestrand waren sie bekannt, die Raaser aus Sand“, Heimatforscher Weisel aus Zeil überreichte Stefan Rippstein, eine Urkunde aus dem Jahr 1918, wonach ein gewisser Johan Klauer aus Sand ein „Verdienstkreuz für Kriegshilfe“ erhalten hat. Die Sander lieferten damals sehr viele Geschosskörbe zum Schutz von Flakmunition.

Das Schlusswort der Einweihungsfeier gehörte Stefan Rippstein, dem Initiator für die Schaffung des „Raaser“-Denkmals. Er führte aus: „Wenn Großeltern und Eltern Korbmacher und Korbraaser waren, dann hat das oftmals auch mit unserem eigenen Leben zu tun. Für die heute jüngere Generation gilt das nicht mehr. Das Denkmal des Sander „Korbraasers“ soll erinnern an eine Zeit mit von Körben voll beladenen Schubkarren, Handwagen und Rädern, später dann auch an hoch aufgeladenen Autos und an so manchen eingefleischten Sander „Korbraaser“ oder „Raaserin“. Selbstbestimmend zogen sie tatkräftig und beherzt Tag für Tag in die Ferne. Ihnen verdanken wir ein großes Stück unserer Heimatgeschichte“.

Stefan Rippstein bedankte sich abschließend bei allen, besonders bei der Gemeinde Sand, bei den Korbhändlern und Korbmachern sowie bei zahlreichen Sponsoren, die mit dazu beigetragen haben, dass man das „Raaser“-Denkmal verwirklichen konnte. Sein Dank gehörte auch allen, die mit dazu beigetragen haben, dass die Enthüllungs-und Einweihungsfeier in einem so würdigen und wundervollen Rahmen gestaltet wurde.

Teilen