Frohe Weihnachten

23. Dezember 2018

Beachtenswerte Weihnachtsgrüße vom Bezirksrat und Bürgermeister Bernhard Ruß im Sander Amtsblatt.

Liebe Freunde,

die Ruhe, die zu Weihnachten über das Land kommt, wenn die Geschäfte schließen, der Verkehr auf unseren Straßen weniger wird, das ist eine Ruhe, die wir uns auch an anderen Tagen im Jahr wünschen. Ein Moment außerhalb der Zeit, die uns doch an allen anderen Tagen im Jahr so fest im Griff hat. Ein Augenblick der Stille zwischen den Jahren. Wir verbinden mit dieser Stille den Frieden, den uns die Weihnachtsgeschichte verspricht.

Vor 100 Jahren sehnten sich die Menschen auch nach Frieden, nach einem langen schrecklichen Krieg. Der Erste Weltkrieg hatte ein Ausmaß angenommen, wie es die Welt zuvor noch nicht gesehen hatte. Der Friedenschluss von Compiègne bedeutete nicht nur das Ende eines blutigen Gemetzels. Er bedeutete für Deutschland und auch Österreich das Ende des Kaiserreiches und den Beginn einer Volksherrschaft Die Revolution mit der Ausrufung der Republik durch den Sozialdemokraten Philipp Scheidemann am 9. November 1918 steht für eine tiefgreifende Zäsur in der deutschen Geschichte, für einen Aufbruch in die Moderne.

Viele ihrer Errungenschaften prägen heute unser Land, auch wenn uns das nicht jeden Tag bewusst ist. Die Revolution brachte allen deutschen Parlamenten das allgemeine und gleiche Wahlrecht, zum ersten Mal auch für die Frauen. Sie bahnte den Weg zur Weimarer Nationalversammlung, zu einer republikanischen Verfassung, zur parlamentarischen Demokratie; der ersten in der Geschichte unseres Landes. Auch Grundsteine des modernen Sozialstaats legte diese Revolution: Achtstundentag, Tarifpartnerschaft, Mitbestimmung durch Betriebsräte - all das steht für den sozialen Fortschritt, der damals inmitten der Nachkriegswirren begann.

Aber trotz alledem hat die Revolution bis heute kaum Spuren im Gedächtnis unserer Nation hinterlassen. Der 9. November 1918 ist auf der Landkarte der deutschen Erinnerungsorte zwar verzeichnet, aber er hat nie den Platz gefunden, der ihm eigentlich zusteht. Er ist ein Stiefkind unserer Demokratiegeschichte, weil wir jene Demokratie, die damals begann - die Weimarer Republik - fast nie von ihrem Anfang, sondern meist von ihrem Ende her denken: Dem Aufstieg des Nationalsozialismus und des Faschismus, dem Ende von Demokratie, Toleranz und Menschlichkeit, der völligen Zerstörung Deutschlands und anderer Länder auf dieser Welt.

Seit über 70 Jahren leben wir in Deutschland in Frieden und Freiheit. Vor fast 30 Jahren wurde Deutschland wiedervereinigt. Die Weihnachtszeit damals war geprägt von ungläubigem Staunen und Begeisterung über den Fall der Mauer. Das war ein unvergesslicher Moment für uns alle und für viele begann damals auch eine Zeit der Ungewissheit, eine Zeit der Erwartungen. Nicht alle wurden erfüllt. Vielleicht waren die Erwartungen aber auch zu groß, auf beiden Seiten.

Nicht nur in Deutschland hat sich seitdem viel bewegt. Die ganze Welt um uns herum ist in Bewegung geraten. Selbst das Fundament des Hauses Europa steht nicht mehr fest. Das sollte uns zu denken geben. Denn: Europa ist unsere gemeinsame Heimat und unser kostbares Erbe. Es steht für die großen Werte der Freiheit, der Menschenrechte und der sozialen Sicherheit. All das ist in unserem Europa nur gemeinsam zu erhalten.

Soziale Sicherheit und soziale Gerechtigkeit kann es aber nur geben, wenn die Schere zwischen Besitzenden und Besitzlosen, zwischen arm und reich, zwischen denen, die am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können und denen, die ausgeschlossen sind, nicht weiter auseinander geht.

„Der Test für unseren Fortschritt besteht nicht darin, ob wir denjenigen, die schon viel haben, noch mehr Überfluss verschaffen. Es geht darum, ob wir denen genug geben, die zu wenig haben“, hat Franklin D. Roosevelt (1882 -1945), der 32. Präsident der USA schon in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erkannt. Welcher Weitblick im Vergleich zum derzeitigen Präsidenten der Vereinigten Staaten und manch anderem Politiker!

Um die Kraft zu finden, das Leben in einer Welt, die immer schneller, unübersichtlicher und instabiler geworden ist, bewältigen zu können, bedarf es einer inneren Stärkung. Dazu verhilft uns Weihnachten. Für uns Christen ist es das Versprechen Gottes, dass wir Menschen aufgehoben sind in seiner Liebe. Aber auch für Nicht-Christen ist es ein Fest des Innehaltens, ein Fest der Verwandten und Wahlverwandten, ein Fest, das verbindet, wenn Menschen sich besuchen und beschenken mit schönen Dingen, vor allem jedoch mit Zuwendung.

Der Stern aus der Weihnachtsgeschichte führte Menschen einst von fernher zu einem ganz besonderen Ziel - zu einem Menschenkind. Einen solchen Stern wünsche ich jedem von uns. Einen Stern, der ihn zum Mitmenschen, der uns zueinander führt.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein fröhliches Weihnachtsfest mit lieben Menschen und glücklichen Momenten sowie ein glückliches und wunderbares neues Jahr.

Bernhard Ruß, Bürgermeister

Krippe

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