Politischer Aschermittwoch in Eltmann

04. Februar 2013

Veranstaltungsbericht

Eltmann. „Der konkrete Alltag der Menschen muss der Maßstab von Politik sein“. An diesen Maßstab halte sich die SPD, so Sabine Dittmar gestern in Eltmann. Die Landtagsabgeordnete und Direktkandidatin für den Bundestag war die Hauptrednerin beim Politischen Aschermittwoch im Sportheim. Sie zeigte sich überzeugt, dass die Wähler im September zeigen würden, dass sie „Haltung statt Beliebigkeit“ wünschen. Bei beiden Wahlen im Herbst stelle sich die Frage der gesellschaftlichen Ausrichtung in Bayern und in Deutschland. Ortsvorsitzender Hans-Georg Häfner freute sich über ein volles Haus bei der 36. Aschermittwochs-Veranstaltung in Eltmann. Er betonte die Bedeutung des Mittelstands, der allerdings von der Politik immer wieder vernachlässigt werde. Überzeugt zeigte er sich, dass im Landkreis Haßberge die Energiewende den richtigen Weg gehe. Wenn das Ziel gelinge, bis 2020 im Landkreis 500 Millionen Kilowattstunden Strom aus Biomasse, Photovoltaik, Wind und Wasserkraft zu produzieren, dann könne man auch einen eigenen Strompreis gestalten. ER betonte angesichts anderer Spekulationen, dass alle Vorstände und Aufsichtsräte in der Bürgergenossenschaft ehrenamtlich ohne Sitzungsgeld und Kilometerpauschale tätig sind. Sorge macht Häfner das „Ehrenamt Kommunalpolitik“. Angesichts der anstehenden Wahlen bis zum März 2014 brauche es alleine in Eltmann rund 100 Personen, die sich für ein solches Ehrenamt zur Verfügung stellen. Vor allem junge Menschen seien eingeladen, sich an der Gestaltung ihres Umfeldes zu beteiligen. Hart ins Gericht ging der Kreisvorsitzende Wolfgang Brühl mit der schwarz-gelben Landesregierung. Allein das Beharren auf zwei Wahlterminen im Herbst zeige, dass der Waltaktik alles unterworfen werde. Einige Millionen würden so aus dem Fenster geworfen. Viel verheerender sei jedoch das Versagen bei der Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms. Brüh zitierte mehrere CSU-Landräte der Region, einschließlich Rudolf Handwerker, die sich allesamt teils vernichtend zum LEP äußerten. Sabine Dittmar, die seit 2008 dem Landtag angehört, bewirbt sich im Herbst um die Nachfolge von Susanne Kastner in Berlin. Sie ging zunächst auf das 150jährige Bestehen der SPD in diesem Jahr ein und stellte die Errungenschaften der Sozialdemokraten dar, wie die gesetzliche Rente, den Acht-Stunden-Tag oder das Frauenwahlrecht. Die Werte, an denen die SPD orientiere, nämlich Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität, seien heute so aktuell wie vor 150 Jahren. Und viele Anliegen müssten auch heute noch mit Nachdruck verfolgt werden, wie der gleiche Lohn für Frauen und Männer, der Mindestlohn oder eine gerechte Rente. Dittmar forderte mehr Steuergerechtigkeit und eine härtere Bestrafung von Steuerhinterziehern. Sie bezeichnete es als scheinheilig, wenn Finanzminister Söder einerseits die Rechtmäßigkeit des Ankaufs von Steuer-CDs in Frage stelle, andererseits gerne 500 Millionen Euro verbuche, die durch die CD aus Nordrhein-Westfalen in seine Kasse gespült wurden. Vertuschung warf Dittmar der Bundesregierung vor, weil das „desaströse“ Gutachten zur Familienfreundlichkeit deutscher Politik vor der Wahl nicht diskutiert werden soll. „Das ist die Dokumentation eines Totalversagens“, stellte sie fest. Zur Rentenpolitik habe es auch in der SPD eine lange Diskussion gegeben, doch die 850 Euro Solidarrente und der abzugsfreie Rentenbezug nach 45 Beitragsjahren sei ein tragfähiges Konzept. Von der Leyens Lebensleistungsrente hingegen sei lebensfremd und unsozial. Ein Grundproblem sei, dass Erwerbsarmut Altersarmut nach sich zieht. Deshalb müsse ein flächendeckender Grundlohn her, der gewährleistet, dass man von 40 Stunden Wochenarbeitszeit auch leben kann. Das Landesentwicklungsprogramm bezeichnete auch sie als „Märchen-Prosa“. Sie sei gespannt, wie die CSU-Abgeordneten im Plenum abstimmen werden. Von ihren Kommunalpolitikern vor Ort bekämen sie nur Kritik. Eine Herausforderung an die gesamte Gesellschaft sei die Zukunft von Gesundheit und Pflege. Dittmar, selbst Ärztin, warnte vor der Illusion, Gesundheit könnte billiger werden. Das werde sie nicht, aber man müsse überlegen, welche Schwerpunkte man setzt. Landärzte zu fördern, sei legitim, allerdings müsse man im Gegenzug auch der Überversorgung in den Ballungsräumen entgegenwirken. Seit 2009 werde die Solidargemeinschaft von Rößler und Bahr ständig angegriffen. Eine solidarische Bürgerversicherung sei der richtige Weg in der Gesundheitsversorgung wie auch in der Pflege. Hier werde seit drei Jahren geredet, ohne dass Pflegebedürftige, pflegende Angehörige oder Pflegeberufe eine Entlastung spüren würden. „Familien reiben sich auf, Pflegekräfte arbeiten an der Grenze ihrer Belastbarkeit und die Politik gibt keine Antworten“, kritisierte Dittmar. Dabei lägen gute Vorschläge in den Schubladen –weil sie von der Opposition kamen. Als Komödie bezeichnete es Dittmar, dass die bayerische Sozialministerin eine aufwändige Werbekampagne für die Ausbildung in Pflegeberufen startete mit dem Ergebnis, dass jetzt bis zu 100 Euro monatliches Schulgeld gezahlt werden muss, weil der Kultusminister kein Geld für die Ausbildung von zusätzlichen Pflegekräften eingeplant hatte. So etwas dürfe einfach nicht passieren, doch „wir sind auf dem richtigen Weg, die Menschen lassen sich nicht mehr täuschen“, so Dittmar. Die Menschen würden erkennen, dass „Seehofer für alles und nichts steht. Seine Positionen haben keine Halbwertszeit. Wir hatten noch nie so wenig Orientierung durch einen bayerischen Ministerpräsidenten“, kritisierte die Abgeordnete. Politik, die sich aus reinem Machterhalt speise, schade aber der politischen Kultur und dem Land. Das Schlusswort sprach Bernhard Ruß. Auch er griff nochmals das LEP auf und stellte fest: „wer im ländlichen Raum wohnt, kann diese CSU eigentlich nicht mehr wählen“.

1MdB Sabine Dittmar hielt beim Politischen Aschermittwoch in Eltmann eine engagierte Rede. Dafür dankten ihr der Kreisvorsitzende Wolfgang Brühl und Ortsvorsitzender Hans-Georg Häfner (von links).

2: Hauptrednerin beim Politischen Aschermittwoch der SPD in Eltmann war MdB Sabine Dittmar, die für den Bundestag kandidiert.

3: Als Landtagskandidat der SPD stellte sich in Eltmann Matthias Kihn aus Mellrichstadt vor. Der 31jährige ist Mittelschullehrer und Kreisvorsitzender der SPD in Rhön-Grabfeld.

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