In letzter Zeit schrecken Meldungen über finanzielle und organisatorische Probleme bei Trägern von Kindergärten besorgte Eltern, Erzieherinnen und Kommunalpolitiker auf.
Den Medien ist zu entnehmen
dass die Träger die Kosten nicht mehr schultern können, weil die staatlichen Zuschüsse nicht mehr ausreichend sind;
dass die notwendigen Anpassungen an den Personalschlüssel ein organisatorisches und bürokratisches Monster sind;
dass die Arbeitszeit und damit die Einkommenssituation der Erzieherinnen ständig schwankt;
dass die Verwaltung eines Kindergartens, die in der Regel von ehrenamtlichen Kräften geleistet wird, diese an die Grenzen der Belastbarkeit bringt, usw.
Mit anderen Worten: Das Bayerische Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz (BayKiBiG) von 2006 war und ist eine ständige, ja fast tägliche Herausforderung für Erzieherinnen, Eltern, Kinder und Verantwortliche von Kindertagesstätten.
Nun kommt diese Situation nicht völlig überraschend: Der Bayerische Gemeindetag hat vor der Umstellung der Kindergartenfinanzierung in seinen Informationen an die Kommunen auf die Verschlechterung der Situation der Kindergärten und eine Mehrbelastung der Kommunen im ländlichen Raum hingewiesen.
Und auch der Caritasverband schlug in die gleiche Kerbe. In einem Schreiben vom 22.7.2003 befürchtete der Caritasverband für die Diözese Würzburg, „die ländlichen Gebiete werden im Vergleich zu den kreisfreien Städten benachteiligt“ sowie „eine Gefährdung der Planungssicherheit der Träger und damit auch letztlich Planungssicherheiten für die Eltern.“ In einem Schreiben vom 18.8.2013 an die Bürgermeister im Landkreis teilte der Caritasverband für den Landkreis Haßberge mit „Das neue Kindergartenfinanzierungsmodell (. . . .) bereitet uns große Sorgen. Es scheint, dass kleine Kindergärten, wie sie in unserer ländlichen Struktur vorzufinden sind, durch das neue Fördermodell stark benachteiligt werden.“
Diese Befürchtungen haben sich im Laufe der Zeit bestätigt.
Bereits frühzeitig habe ich mich mit den Auswirkungen des Gesetzes auf die Kindergärten im ländlichen Bereich auseinandergesetzt und mich für Verbesserungen eingesetzt. Schon am 7.7.2003 habe ich in Maroldsweisach eine Informationsveranstaltung zum Thema „Änderung des Kinderfinanzierungsgesetzes“ abgehalten.
Als das BayKiBiG 2006 eingeführt wurde, habe ich mit dem damaligen stellvertretenden Vor-sitzenden des Caritas St. Nikolausverein Sand und Gemeinderat Clemens Scheuring (CSU) die Auswirkungen des Gesetzes auf unsere Kindergärten genau durchgerechnet. Damit der St. Nikolausverein nicht finanziell in die Bredouille kommt, haben der Träger des Kindergar-tens und die Gemeinde am 10.5.2006 einen Defizitvertrag geschlossen, damit die zu erwar-tenden Mehrbelastungen nicht zu Lasten des kirchlichen Trägers und somit der Kinder und Erzieherinnen gehen. Die Schwächen des Gesetzes hat die Gemeinde Sand somit frühzeitig aufgefangen und abgemildert - allerdings auf Kosten der Gemeinde.
Die Schwächen des neuen Gesetzes habe ich bereits in einer Pressemitteilung vom 5. August 2006 zum Ausdruck gebracht. Der Kern der Aussagen von damals hat heute noch Gültigkeit: „Der Unterschied zwischen dem pädagogisch Erforderlichen und dem vom Freistaat Finanzierten kann entweder dadurch ausgeglichen werden, dass die Arbeits- und damit auch Betreuungszeiten der Erzieherinnen reduziert werden oder dass die Mehrkosten vom Träger, und wenn der sie nicht tragen kann, letztlich von der Kommune übernommen werden. (. . . ) Das neue Kindergartengesetz bringt eine höhere finanzielle Belastung für die Eltern, eine stärkere Belastung des Personals bei Reduzierung der Betreuung und Mehrkosten für den Träger. Vom erhöhten Verwaltungsaufwand für das Personal des Trägers und der Kommu-nen ganz zu schweigen. Der Aufwand für die Bearbeitung in den Kommunen wird erheblich zunehmen, mancher Ehrenamtlicher in der Verwaltung der Träger wird an seine Grenzen stoßen.“
Wir müssen allen Ehrenamtlichen außerordentlich dankbar sein, dass sie sich bereit erklären, eine solch schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe wie die eines Vorstandes eines Kindergarten-Trägervereins zu übernehmen. Wenn sie es nicht mehr tun, fällt diese Aufgabe den Gemeinden zu. Dann werden die Kosten für die Kommunen noch mehr steigen.
Neben den Kindergärten werden die Kommunen auch bei der Finanzierung der Schulen und beim Breitbandausbau zur Kasse gebeten. Seit Jahren weise ich auf diesen Verschiebe-bahnhof der Lasten hin und kämpfe für die Belange des ländlichen Raumes, insbesondere in den nördlichen und südlichen Bereichen des Landkreises. Ich werde dies auch weiterhin tun.
Bernhard Ruß
Bezirksrat (stellv. Fraktionsvorsitzender)