Haßfurt/Frankfurt. „Parlament der Arbeit“ nennt die IG Metall selbstbewusst ihren alle vier Jahre stattfindenden ordentlichen Gewerkschaftstag. Unter den Teilnehmern waren auch IG Metaller aus dem hiesigen Landkreis, so Betriebsrat Paul Hümmer aus Sand.
Paul Hümmer konnte als Gast an zwei Tagen die Antrittsrede des neuen Vorsitzenden Hofmann, die Debatte um die Gesellschaftspolitik und den Auftritt der Bundeskanzlerin Angelika Merkel mitverfolgen.
Merkel erhielt großen Beifall für ihre Ausführungen zur derzeitigen Flüchtlingssituation, ebenso in der Frage der Tarifbindung. Derzeit liege der Lohn für Mitarbeiter in nicht-tarifgebundenen Betrieben teils 28 Prozent unter dem Tarifgehalt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versprach in ihrem Grußwort: Sie werde sich dafür einsetzen, dass die Tarifbindung steigt.
Im Gegensatz dazu wurden beim Thema Handelsabkommen (TTIP) für Paul Hümmer die sehr unterschiedlichen Meinungen deutlich. Der neue Vorsitzende Hofmann machte hierzu deutlich: „Wir wollen fairen Welthandel. Die USA ist ein Land, das bis heute die Internationalen Kernarbeitsnormen nicht ratifiziert hat, dies ist kein fairer Handelspartner. Bei Arbeitnehmerrechten ist der Nenner gleich Null, bei Umwelt- und Klimaschutz nahe Null. Gemeingüter wie Wasser und Umwelt und Luft dürfen nicht privatisiert werden, dass ist eine Grundorientierung von uns“. Das Thema wurde zum Teil sehr engagiert und hitzig zwischen den Delegierten diskutiert und nahm einen breiten Raum in den Debatten ein. Protestieren und intervenieren - aber mögliche Chancen nutzen: Diese Linie setzte sich dann bei den Abstimmungen zu den geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA durch.
„Sicher, gerecht und selbstbestimmt - das ist unsere Orientierung für die Arbeit der Zukunft“, so Jörg Hofmann, der neue Erste Vorsitzende der IG Metall, bei seiner Antrittsrede vor den Teilnehmern. Eine radikale Modernisierung des Bildes von Arbeit sei erforderlich, um den Folgen der Digitalisierung, der Vielfalt der Lebenssituationen oder der zunehmenden Flexibilisierungsanforderungen Rechnung zu tragen. Arbeit ist der zentrale Platzhalter in der Gesellschaft. Die IG Metall setzt sich für gute Arbeit und ein gutes Leben ein. Beschäftigung muss sicher und unbefristet sein sowie ein verlässliches und ausreichendes Einkommen garantieren. Als Antwort auf die Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt möchte die IG Metall ein neues Normalarbeitsverhältnis etablieren. Eine Rente, die die Lebensleistung würdigt und den erarbeiteten Lebensstandard sichert, muss das gemeinsames Ziel sein. Rente muss Arbeitsleistung der Beschäftigten würdigen.
Als ein Schwerpunkt für die nächsten vier Jahre hat der Gewerkschaftstag Fragen um die Arbeitszeit festgelegt. Die IG Metall strebt neue Arbeitszeit-Regeln an: Beschäftigte sollen öfter selbst entscheiden, wann und wieviel sie arbeiten müssen. Angestellte arbeiten bis tief in die Nacht, weil ein Projekt fertig werden muss. Schichtarbeiter wissen nicht, wie sie bis zur Rente durchhalten sollen. Eltern fürchten Nachteile, wenn sie zu lange wegen der Kinder pausieren. So soll es nicht weiter gehen, meinen die IG Metaller. Konkret fordert die IG Metall, dass geleistete Arbeit immer zu erfassen ist und vergütet wird. Dass jährlich Millionen von Arbeitsstunden nicht bezahlt werden, will sie nicht länger hinnehmen.
Nachthaltigen Eindruck hinterließ der Besuch auf dem IG Metall Gewerkschaftstages in Frankfurt beim Betriebsrat Paul Hümmer. Dass die IG Metall die größte Einzelgewerkschaft in Europa ist, wird auch an den Gastrednern deutlich. Neben der Bundeskanzlerin Angela Merkel sprachen auch der Wirtschafsminister Sigmar Gabriel und die Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles zum „Parlament der Arbeit“. Alle derzeit im Bundestag vertretenden Parteien waren bei den Metallern mit einer Abendveranstaltung zu Gast. Aber auch viele andere Gesellschaftliche Gruppen waren vertreten so die Menschenrechtsorganisation Amnesty International, deren Generalsekretärin Selmin Çaliskan die Gemeinsamkeiten der beiden Organisation herausstellte und sich für die Unterstützung der Gewerkschaft in der Vergangenheit bedankte.