Sand. Den jüngsten Bürgermeister Deutschlands hatte die Sander SPD zu ihrem Sommerfest in den Hümmerhof eingeladen. Und der junge Mann aus Schonungen, gerade 24 Jahre alt, erfüllte alle Erwartungen.
Ruß: Die CSU-Landespolitik vernachlässigt Bildung, Verkehrsverbindung und Breitbandverkabelung auf dem Land.
Es war erfrischend, wie Stefan Rottman seinen Weg schilderte, an dessen Beginn nicht der Wunsch gestanden hatte, Bürgermeister zu werden. Das Schlüsselerlebnis, das ihn geprägt habe, sei vielmehr die Belastung des Grundstückes seiner Eltern in Schonungen mit giftigen Abfällen aus dem Industriebetrieb Sattler gewesen. Bei der Produktion der Farbe „Schweinfurter grün“ seien rund 12 Hektar Boden kontaminiert worden. Die Belastung sei jedoch nicht bekannt gewesen, als viele Schonunger auf dem Areal ihre Wohnhäuser errichteten, so auch seine Eltern. Da nach dem Bundesbodengesetz die derzeitigen Eigentümer für die Entsorgung des giftigen Materials haften, hätte das den finanziellen Ruin für viele Familien in Schonungen bedeutet. „Die SPD-ler waren damals die einzigen, die sich wirklich für uns eingesetzt haben“, erinnerte sich Rottmann an die schwierige Zeit. Als 16jähriger habe er Eingaben an Behörden und die Staatsregierung gemacht. Bei einem Termin vor Ort hätten sich die Behördenvertreter dann gewundert, dass ein Jugendlicher mit ihn korrespondiert hatte. Durch die Mitarbeit in der Schonunger Bürgerinitiative sei er so bekannt geworden, dass er bei der Kommunalwahl 2008 mit den meisten Stimmen aller Bewerber in den Gemeinderat von Schonungen gewählt worden sei.
Die Bürgermeisterwahl ist Rottmann nach seinen Ausführungen ganz entspannt angegangen, „da ich nichts zu verlieren hatte.“ Mit Internet und Facebook habe er die neuen Medien genutzt und statt am Wahlsonntag ins Schwimmbad zu gehen, habe er bis zum Schluss getwittert. „Drei Stimmen sind zwar eine knappe Mehrheit. Aber ich habe auch um jede Stimme hart gekämpft“, sieht er mit einem gewissen zeitlichen Abstand seinen Erfolg als das Ergebnis einer harten Arbeit, nicht nur im Wahlkampf, sondern in den Jahren zuvor.
Als Bürgermeister der größten Gemeinde im Landkreis Schweinfurt sehe er sich den gleichen Problemen wie seine anderen Kolleginnen und Kollegen, die da lauten, demografischer Wandel, geringe Finanzausstattung, schlechter öffentlicher Personennahverkehr, Defizite bei der Breitbandversorgung. „Aber ich gehe meine Aufgabe zuversichtlich an“, verströmte der junge Bürgermeister einen Optimismus, den man braucht, um seine Gemeinde voranbringen zu können.
Von einer positiven Stimmung in der Landtagsfraktion berichtete die Landtagsabgeordnete Sabine Dittmar, die aus der Nachbarschaft Rottmanns, aus Maßbach, stammt. Die CSU sei sehr nervös, weil sie derzeit voll damit beschäftigt sei, ihre groben Schnitzer der Vergangenheit beim Meldegesetz und beim Länderfinanzausgleich auszumerzen. Zwar sehe auch die SPD die jetzige Regelung im Finanzausgleich zwischen den Ländern als ungerecht an. Es sei jedoch ein Treppenwitz, wenn der derzeitige Ministerpräsident gegen eine Regelung klage, die sein Vorgänger ausgehandelt und die er als Bundestagsabgeordneter mitgetragen habe. Dittmar: „Aber so ist die CSU. In Berlin ist sie dafür, in München dagegen.“ Genauso wankelmütig sei die Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär. Zunächst sei sie gegen das Betreuungsgeld gewesen, seit sie stellvertretende Generalsekretärin der CSU sei, plädiere sie dafür. Darauf, so Dittmar, könne sich jeder selbst seinen Reim machen.
„Die SPD braucht in Bayern ihr Licht nicht unter den Scheffel zu stellen“ erinnerte Bezirksrat Bernhard Ruß daran, dass die SPD in vielen Städten den Bürgermeister und Oberbürgermeister stelle. Wenn wie in der Metropolen München der Sozialdemokrat Christian Ude unangefochten an der Spitze stehe und auch in den fränkischen Zentren Nürnberg und Fürth Ulrich Maly und Thomas Jung ihre Konkurrenten bei der letzten Wahl klar distanziert hätten, so spreche dies für das Personal und die Kompetenz innerhalb der bayerischen SPD. Auch die größeren unterfränkischen Städte Würzburg und Aschaffenburg seien bei Sozialdemokraten in guten Hände. Und selbst in dem konservativen Bamberg habe der SPD-ler Andreas Starke die Zügel fest in der Hand. Wenn die Bevölkerung auf dem Land nun endlich erkenne, dass die CSU-Landespolitik, ob in der Bildung, der Verkehrsverbindung oder der Breitbandverkabelung zu ihren Lasten gehe, dann würden sich die Chancen auf einen Regierungswechsel in Bayern deutlich verbessern, blickte Ruß zuversichtlich in das Wahljahr 2013.
Neben den Gästen und Rednern konnte Hausherr und SPD-Ortsvereinsvorsitzender Paul Hümmer ein Fernsehteam des Bayerischen Rundfunks in seinem Hof begrüßen. Für das Magazin „Kontrovers“, das Hintergründe und Analysen zu aktuellen Entwicklungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft aufzeigen, Diskussionen anstoßen und Themen setzen will, wurden während und nach der Veranstaltung Stimmen und Reaktionen zum Fiskalpakt gesammelt, die in einen Beitrag einfließen, der am kommenden Mittwoch (25.7.) um 21.15. Uhr im dritten Programm des Bayerischen Fernsehens ausgestrahlt wird.