Sind wir froh, nicht in dieser dunklen Zeit gelebt zu haben
Machen wir uns bewusst Folter, politische Folter ist leider weiter an der Tagesordnung
Zeil/Sand. Die Palette der Stadt Zeil umfasst eine interessante Historie, die der Zeiler Historiker und ehemalige SPD Geschäftsführer Ludwig Leisentritt, seinen Parteifreunden vom Sander SPD Ortsverein kenntnisreich mit seinem Wissenscharme bei einer Stadtführung näher bringen konnte. Das mittelalterliche Zeil mit dem einzigartigen Marktplatz, der „Guten Stube Zeils“, den schmalen Seitengassen, malerischen Winkeln und Resten der Stadtbefestigung wird vom Kapellenberg mit dem Wallfahrtsziel „Zeiler Käpelle“ überragt und wurde wie der Hexenturm mit dem Dokumentationszentrum Bestandteil der Führung.
Beginn der Führung war am Marktplatz, dort wo in den Wirren des 30-jährigen Krieges Zeil zum Richtplatz des Hochstifts Bamberg und so zum Schauplatz einer der schwersten Hexenverfolgungen in Franken wurde. Zum Einstieg seiner historischen Erläuterungen wählte Leisentritt das Geburtshaus des Abtes Degen gegenüber vom Marktplatz. Die Mutter des späteren Abtes Degen wurde im Zuge der häufigen Hexenprozesses verbrannt. Der Vater brachte den kleinen Alberich an den einzigen Ort, wo es für ihn Versorgung und Schutz gab, in das Zisterzienserkloster Ebrach (im Steigerwald). 1647 trat er sehr jung in das Kloster ein, 1654 wurde er ebenfalls sehr jung zum 42. Abt eben dieses Klosters gewählt.
Im Dokumentationszentrum ging Ludwig Leisentritt auf die geschichtlichen Hintergründe der Hexenverfolgung ein. Namentlich dokumentierte Anklagen, Geständnisse und Urteile aus dem "Schreib- und Lehentbuch" des Johann Langhans lassen einzelne Schicksale der etwa 400 Opfer - alleine aus dem damaligen Zeil – iesen für die Besucher die dunklen Zeiten lebendig werden. "Opfer" steht in weißen Lettern auf einer der schwarzen Stelen im Dokumentationszentrum "Zeiler Hexenturm". Nur das Wort "Opfer". Eine Klappe lässt sich öffnen. Und es erscheint ein Spiegel. Über dem eigenen Konterfei der Halbsatz: "Ein mögliches Opfer der Hexenprozesse". Eindringlich wird klar, dass es einen selbst hätte erwischen können. Damals in der Hochzeit der Hexenbrennerei im 17. Jahrhundert. Der Hexenturm vibriert bei den akustischen Signalen aus den Lautsprechern: verzerrtes Stöhnen der Gefolterten, Schreie. Und dann das "Angstloch", durch das Verdächtige mit einem Seil in ein feuchtes, modriges Verlies in völlige Dunkelheit hinabgelassen wurden. „Sind wir froh nicht in dieser dunklen Zeit gelebt haben zu müssen. Machen wir uns bewusst, Folter, politische Folter ist leider weiter an der Tagesordnung, so fasste SPD Ortsvereinsvorsitzender Paul Hümmer die Ausführungen und Hintergründe im Hexenturm zusammen.
Bild: Heike Scheuring
Zum Einstieg seiner historischen Erläuterungen wählte Leisentritt das Geburtshaus des Abtes Degen gegenüber vom Marktplatz. Die Mutter des späteren Abtes Degen wurde im Zuge der häufigen Hexenprozesses verbrannt. Im Jahre 1665 bringt Abt Degen – so die Überlieferung – die grüne Silvanerrebe von Österreich (Silvanien; vgl. Transsilvanien) nach Franken, wo die widerstandsfähige Rebe erfolgreich kultiviert wurde. Nach Abt Degen ist heute das „Abt-Degen-Weintal“ benannt und ihm wird so für seine Verdienste um den Frankenwein gedankt, erläuterte Bürgermeister Bernhard Ruß der maßgebliche Initiator des „Abt Degen Maintal- Werbeverbandes“.